Kreuze in Amtsräumen? Nicht mit uns!
Der Humanistische Verband Bayern kann sich somit in seiner kritischen Haltung bestärkt fühlen: Wir lehnen die neue bayerische Kreuz-Pflicht ab 1. Juni 2018 entschieden ab.
1995 war Dieter Grimm als Bundesverfassungsrichter am sogenannten Kruzifix-Beschluss beteiligt. Teile der Volksschulordnung in Bayern wurden damals für verfassungswidrig und nichtig erklärt, im Speziellen jene, die für jedes Klassenzimmer in Volksschulen ein Kruzifix vorschrieben.
Auch den jüngsten Beschluss der bayerischen Landesregierung, Kreuze in allen staatlichen Dienstgebäuden anbringen zu lassen, hält der frühere Verfassungsrichter Grimm für verfassungswidrig. Das erklärte er in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung vom 16. Mai 2018.
In der Bundesrepublik gibt es zwar keine strikte Trennung im Verhältnis zwischen Staat und Religion, sodass hierzulande unter anderem gewisse Formen staatlicher Unterstützung für die Kirchen und andere als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannte Gemeinschaften möglich sind. Das ändere aber nichts daran, dass sich der Freistaat qua Grundgesetz religiös neutral zu verhalten hat und sich mit keiner Religion identifizieren darf, so Grimm.
Und auch Artikel 142 der bayerischen Landesverfassung formuliert: Es besteht keine Staatskirche. Daran hatte nach dem Kreuze-Erlass vom 24. April HVD-Vorstand Michael Bauer in einer Stellungnahme am gleichen Tag erinnert. „Bayern ist ein Freistaat. Die Landesfarben sind Weiß und Blau. Das Landeswappen wird durch Gesetz bestimmt. So steht es in Artikel 1 unserer Landesverfassung. Weder das Kreuz noch das Kruzifix stellen das bayerische Landeswappen dar“, sagte Bauer. „Selbstbestimmung, Freiheit und Toleranz werden weder durch Kreuz noch Kruzifix verkörpert, genau so wenig wie die Ideale von Aufklärung und Humanismus“, erklärte er in der Stellungnahme unseres Verbandes außerdem.
Helfen Sie: Unterstützen Sie uns mit Ihrer Stimme!
Verfassungsrichter Dieter Grimm sagte nun mit Verweis auf das Grundgesetz in der Süddeutschen Zeitung: „Artikel 4 garantiert jedermann Religionsfreiheit. Gemeint ist damit nicht die Freiheit einer bestimmten Religion, sondern Freiheit für alle Religionen. Daraus folgt, dass der Staat in Glaubensfragen nicht Partei ergreifen darf. Vielmehr hat er sich gegenüber den verschiedenen Religionen neutral zu verhalten. Gegen diese Neutralitätspflicht verstößt er, wenn er Kreuze in Amtsräumen anordnet“, so Grimm.
Von Versuchen zur Umdeutung der Symbolkraft des kirchlichen Kreuzes in einen bloßen weltlich-bajuwarischen Sinngehalt hält auch Grimm wenig: „Das Kreuz ist nun einmal für den Christen und die christlichen Kirchen das zentrale Glaubenssymbol“ und weiter sagte er, im Kreuz sei der zentrale Glaubensinhalt zusammengefasst und dieser „lässt sich nicht wegdenken, wenn der Staat es jedem, der seine Amtsräume betritt, vor Augen hält.“
Ausdrücklich bejahte der frühere Verfassungsrichter außerdem die Neutralitätspflicht in den bayerischen Gerichtsgebäuden. „Im Gerichtssaal wird staatliches Recht angewandt, und zwar auf jeden in gleicher Weise, ohne Rücksicht auf seine Haltung zur Religion. Deswegen sendet ein Kreuz im Gerichtssaal in einer religiös pluralen Gesellschaft das falsche Signal aus“, so Grimm hierzu.