"Für Humanist*innen ist Trumps Agenda eine Horrorvorstellung!"
Herr Bauer, Donald Trump wurde erneut zum Präsidenten der USA gewählt. Als Humanist, wie beurteilen Sie das?
Michael Bauer: "Ich sehe das mit Sorge. Natürlich muss man zunächst einmal das Ergebnis einer demokratischen Wahl respektieren. Trumps Wahlerfolg ist ja deutlich, er hat nicht nur die Mehrheit der Wahlmänner erreicht, sondern auch die Mehrheit der Wähler*innen insgesamt. Seine Agenda, soweit sie im Wahlkampf deutlich wurde, läuft auf eine spalterische und sogar rassistische Politik hinaus, bei der individuelle Freiheitsrechte nur dann etwas zählen, wenn sie im Einklang mit biblisch-christlichen Moralvorstellungen stehen. Für Humanist*innen ist diese gesellschaftspolitische Agenda geradezu eine Horrorvorstellung."
Welche Folgen wird das Ihrer Meinung nach für uns in Europa haben?
M.B.: "Es gibt die Gefahr, dass Trumps Regierung eine Entwicklung zu ähnlichen Zuständen bei uns beschleunigt. Auch bei uns gibt es bekanntlich Erfolge des Rechtspopulismus und Neofaschismus, beides geht mit einer reaktionären gesellschaftspolitischen Agenda einher. Ich erinnere nur an solche Persönlichkeiten wie Orban, Wilders, Höcke, Weidel und andere, die die Errungenschaften der liberalen Demokratie abräumen wollen. Die Methode ist immer die gleiche: Fake News, Dauerlügen, die Wahrheit verdrehen, Verunsicherung säen, Feindbilder aufbauen, den rationalen politischen Diskurs zerstören. Die Methode Trump ist auch die Methode AfD, und auch die Methode BSW. Wir müssen uns gemeinsam anstrengen, damit das bei uns keinen Erfolg hat."
Und was bedeutet Trumps Sieg für den Frieden in Europa?
M.B.: "Das ist wohl das, was am meisten Sorge machen muss. Die Sektkorken im Kreml waren ja bis nach Deutschland zu hören. Humanismus kann weder in Putins Russland noch in den Ländern seiner Büchsenspanner und in deren Ideen existieren. Wir müssen jetzt endlich aufwachen und begreifen, dass wir und unsere Lebensart schon längst von Putins Russland angegriffen werden, und dass wir uns selbst dagegen verteidigen müssen. Appeasement-Versuche bei Kriegsverbrechern führen letztlich nur zu einem größeren Krieg, das lehrt uns die Geschichte. Ich kann nur hoffen, dass wir politisch die Kraft aufbringen, unsere Freiheit entschlossen zu verteidigen, auch wenn es teuer und mühsam wird."
Apropos teuer: In Deutschland wird so erbittert über den Haushalt gestritten, dass die Regierung zu zerbrechen droht. Haben wir denn überhaupt die Ressourcen, um alleine, ohne die Hilfe der USA, bestehen zu können?
M.B.: "Natürlich haben wir die. Noch ist Deutschland eines der reichsten Länder der Welt, mit einem gewaltigen Potential. Aber das wird nicht ausreichend ausgeschöpft. Es wäre sehr begrüßenswert, wenn eine Bundesregierung im Amt wäre, die nicht nur im taktischen Klein-Klein hin und her schwankt, sondern die auch die großen Linien ihrer Verantwortung für unser Land und seine Zukunft erkennt und dementsprechend mutig handelt. Es ist eine Binsenweisheit, dass erst der Vertrauensverlust in demokratische Regierungen und Institutionen den Boden schafft, auf dem politisch finstere Gestalten gedeihen können. Dem müssen wir uns schon an der Wurzel entgegenstellen."
Danke für das Gespräch.