"Es wird pluraler"
Schon jetzt stünden die großen Religionsgemeinschaften unter einem gewissen Rechtfertigungsdruck, betonte Bauer. Denn: Noch immer würden sie deutlich privilegiert - und das obwohl ihre Bedeutung zusehends schwinde. Bauers Prognose: "Religiöse Menschen überhaupt werden in der Minderheit sein, schon jetzt richten nur 40 bis 50 Prozent der Bevölkerung ihr Leben religiös aus."
Vor diesem Hintergrund sei ein Umdenken in der Religionspolitik höchste Zeit. "Nicht-gläubigen Menschen sollten dieselben Möglichkeiten wie religiösen Menschen zukommen", forderte Bauer, der auch Co-Autor der Studie Gläserne Wände ist. Unter anderem sollten auch nicht-religiöse, humanistisch gesinnte Menschen das Recht haben, "dass ihre Kinder ihre Weltanschauung und Tradition in der Schule fundiert erlernen können". Daher solle flächendeckend das Schulfach Humanistische Lebenskunde eingeführt werden, wie es bereits in Berlin und Brandenburg und an der Humanistischen Grundschule Fürth unterrichtet wird. "An diesen bekenntnisgebundenen Unterricht kann und soll sich das gegenseitige Kennenlernen unterschiedlicher Religionen und Weltanschauungen anschließen. Doch zunächst ist die eigene Tradition kennenzulernen, damit dieser Dialog untereinander auf einer guten Basis stattfinden kann."
An der Podiumsdiskussion am Exzellenzcluster "Religion und Politik" der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster beteiligt hatten sich neben Michael Bauer der Vorstandsvorsitzende der Orthodoxen Rabbinerkonferenz, Avichai Apel, Mohammad Dawood Majoka von der muslimischen Gemeinschaft Ahmadiyya Muslim Jamaat Deutschland, die Präsidentin der evangelischen Landeskirche Hannover, Stephanie Springer, sowie die katholische Theologin Marianne Heimbach-Steins.
Sarah Batelka und Viola van Melis von der Universität Münster haben die Diskussion in einem ausführlichen Bericht zusammengefasst.